Eine Bezugsgruppe ist ein Kreis von ca. 3 bis 8 Personen, der sich als Kollektiv versteht, politisch aufeinander bezieht und zusammenhält. Das kann innerhalb einer Aktion sinnvoll sein, aber auch als Teil einer noch größeren Gruppe oder beim Umgang mit Folgen von Aktivismus wie Repression und emotionalen Krisen.
Eine Bezugsgruppe kann man grundsätzlich mit zwei unterschiedlichen Motivationen gründen, die sich aber eher im Ausmaß und nicht in der Idee unterscheiden. Erstens: Ihr bildet eine Bezugsgruppe, um an einer konkreten Aktion (wie bspw. einer 📵 Demo) teilzunehmen. Zweitens: Ihr bildet eine Bezugsgruppe, um euch längerfristig als stabiles Kollektiv auch außerhalb von konkreten Aktionen zu verstehen. Was man gar nicht genug betonen kann: In jedem Fall hat das Agieren in einer Bezugsgruppe sehr viele Vorzüge.
Angesichts der aktuellen politischen Lage wollen wir an dieser Stelle nochmal die Notwendigkeit betonen, dass alle antifaschistisch eingestellten Menschen sich langfristig politisch organisieren. OrganisierteAntifa-Politik muss aber nicht unbedingt heißen, dass man in eine bestehende Politgruppe oder Antifa-Gruppe geht. Aufgrund der begrenzten Anzahl und Kapazität von solchen Antifa-Gruppen ist unserer Ansicht nach das Bilden von vielen langfristigen und handlungsfähigen Bezugsgruppen einer der wichtigsten Schritte zur Organisierung der antifaschistischen Bewegung. (Du willst eine neue Politgruppe gründen? Siehe 🏴 Antifa-Gruppe gründen). Der Spruch „Bildet Banden!“ klingt abgenutzt, aber: Als Einzelpersonen werden wir nie so viel ausrichten können wie zusammen.
Wir finden ganz allgemein den Ansatz, sich mit einer kleinen Gruppe an Menschen langfristig als politisches Kollektiv zu verstehen und zu handeln, am sinnvollsten. Der Weg dahin ist aber nicht immer leicht. Ein erster Schritt kann sein, sich erst mal für eine Aktion oder Demo zusammen zu schließen.
Viele Bezugsgruppen finden irgendwie durch Zufälle zueinander. Ein Ausgangspunkt sind oft Freundschaften und gemeinsame Freund*innenkreise. Egal ob in der Schule, Ausbildung, Uni oder am Arbeitsplatz: Wenn man sich über politische Themen verständigt kommt man oft gemeinsam zu dem Schluss, dass sich etwas an dem Bestehenden ändern muss. Dann liegt auch der Schritt, sich dafür zusammen zu schließen, direkt sehr nahe. Manchmal hat man aber auch nicht die richtigen Leute im Umfeld, um zusammen so einen Schritt zu gehen. Dafür werden im Vorfeld von größeren Aktionen oder Naziaufmärschen manchmal Events zur Bezugsgruppenfindung oder Aktionstrainings angeboten, wo man Leute kennen lernen kann, die die selben Ziele und Überzeugungen haben.
Will man mit einer Bezugsgruppe auf eine Aktion, sollte man einige Dinge im Vorfeld beachten und klären. Nach der Aktion ist es nachhaltig und sinnvoll, sich nochmal treffen um über Erlebtes zu reden. Das ist alles genauer erklärt im unten verlinkten Bezugsgruppenreader.
Wenn ihr sowieso immer wieder mit denselben Leuten auf Demos und Veranstaltungen geht, aber das eher so nebenher passiert – oder ihr euch schon als Bezugsgruppe versteht aber immer nur über die nächste Demo redet – ist jetzt vielleicht der Moment gekommen: Ihr könntet eure Gefährt*innen fragen, ob ihr euch auch längerfristig als feste Bezugsgruppe verstehen wollt. Das bedeutet in erster Linie, sich öfter zu treffen als vorher bzw. überhaupt anzufangen, sich gezielt miteinander zu treffen. Bevor ihr gemeinsam Aktionen plant und umsetzt ist es ratsam sich über die Ausrichtung auszutauschen. Ist es eine Crew, die sich vor allem im Schutz der Dunkelheit für Kleingruppenaktionen trifft oder eine im öffentlichen Raum sichtbar als Zusammenhang auftretende Crew auf Demos und so weiter.
Unabhängig von eurer politischen Praxis ist eine gewisse Regelmäßigkeit solcher Treffen super. Ansonsten ist es ganz eure Sache, wie ihr das gestaltet und wie viel Struktur ihr braucht. Ihr könnt z.B. über eure Ansichten zu politischen Themen diskutieren, Bücher lesen, euch Aktionen und Ziele festlegen, euch zusammen Anleitungen und Zines zu politischer Praxis anschauen, über Themen wie Ängste oder Bedürfnisse in der Gruppe sprechen oder eure Computer zusammen verschlüsseln. Das sind alles Sachen, bei denen man alleine oft nicht weiterkommt oder bei denen es viel schwieriger ist, sie alleine anzugehen. Viele Sachen, vor allem emotionale Fürsorge und Aktionen, kann man auch alleine gar nicht machen. Wenn ihr euch in eurer Bezugsgruppe gut aufgestellt fühlt, kann es als nächstes sinnvoll sein, sich mit anderen vertrauenswürdigen Bezugsgruppen zu connecten, z.B. um Erfahrungen auszutauschen, zusammen Aktionen zu machen oder eine Antifa-Gruppe zu gründen. Eine Bezugsgruppe zu haben, die langfristig zusammen arbeitet gibt Ruhe in chaotischen politischen Zeiten, macht Spaß, ihr könnt Vertrauen zueinander aufbauen und wisst auf wen ihr zählen könnt und wen ihr fragt, wenn ihr auf aktuelle Ereignisse reagieren wollt.
Achtung: Wir sprechen für fast alle der 13/12 Dinge, die wir auf dieser Seite gesammelt haben, die dringende Empfehlung aus, sie nicht alleine, sondern nur zusammen mit einer Bezugsgruppe zu machen, in der ihr euch wohlfühlt und der ihr vertraut. Im Idealfall besprecht ihr innerhalb dieser Gruppe in Ruhe diese 12 Dinge, bevor ihr irgendwas von diesen 13 Dingen macht.
Mehr Infos unter:
- Bezugsgruppenreader, Teil 1: Allgemeines, Emotionales, Rechtliches.
- Bezugsgruppenreader, Teil 2: Mit Bezugsgruppe in Aktion.
- Tipps und Tricks für Antifas und Antiras (2023). Gibt’s in jedem linken Buchladen oder Onlineshop für 5,00€. Alles, was da drin steht, lässt sich sehr gut auf Bezugsgruppen übertragen.